Strommarkt

Bis vor einigen Jahren musste man sich mit dem lokalen Stromangebot des Ortes begnügen. Strom kam aus der Steckdose und der Vertrag war beim Zuzug in einen Ort obligatorisch. Die Stromgebühr war sozusagen eine Abgabe an die Heimatgemeinde.

In den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ging dann die Entwicklung weg von Verstaatlichung hin zu einer Privatisierung. Die Eiserne Lady, "Maggie Thatcher" fing damit an, im restlichen Europa wurde dann ebenfalls privatisiert. Das Problem bei der Privatisierung von Dingen, die normalerweise aus der Wand kommen ist, dass man anders als bei Produkten vom Markt, nur eingeschränkt wählen kann. Gerade bei Strom gibt es zunächst einmal als realer Kontakt zur Ware für den Verbraucher nur die Steckdose. Die sieht verstaatlicht genauso aus wie privat. Das Problem bei Strom wie aber auch bei Gas und Wasser ist, mit was kann sich ein Unternehmen gegenüber einem anderen profilieren.

Notwendige Vorraussetzung für die Deregulierung des Strommarktes ist zunächst einmal, dass der Endkunde überhaupt eine Vertragsfreiheit hat. Er muss zwischen verschiedenen Anbietern wählen können und diese müssen in der Lage sein, das Produkt Strom an den Verbraucher zu liefern. Im Hintergrund sind, ähnlich wie bei den Telefongesellschaften, zwischen den Stromkonzernen Verträge abgeschlossen worden, die das Durchleiten auch über die letzte Meile gewährleistet. Die letzten Kupfermeter müssen eben benutzbar sein. Die Rahmenbedingungen für die Deregulierung mussten übrigens in den letzten Jahren es letzten Jahrhunderts gelegt werden. In den Regeln ist dann auch festgelegt, dass Stromanbieter Alternativstrom von kleinen Anbietern zu einem Festbetrag kaufen müssen, deswegen lohnen sich zum Beispiel die Windkraftfelder im Norden von Deutschland. Ohne Regulierung wäre eine Deregulierung nicht in Gang zu bekommen.

Vertragsfreiheit hat aber nur dann einen Sinn, wenn es Unterschiede im Produkt gibt. Die Unterschiede beim Strom sind, wie oben schon beschrieben, eher virtuell. Physikalisch gibt es am Strom aus Bayern oder aus Polen nichts zu unterscheiden. Weder die Reinheit noch die Stabilität und Güte der Versorgung ist ein Unterscheidungsmerkmal. Trotzdem lohnt es sich für den Verbraucher, die Verträge anzuschauen. Eventuell arbeitet ja der eine Produzent effektiver als der andere oder aber er hat günstigere Quellen. Man kann also als Auswahlkriterium für den Anbieter den Preis nehmen. Man kann aber auch die Erzeugung des Stromes mit ins Kalkül ziehen. Wenn man ein gutes Gewissen haben möchte, dann kann man ökologischen Strom beziehen und dafür dann auch mehr Geld ausgeben. Sollte einem das egal sein, dann wird man für den Atomstrom stimmen. Natürlich bekommt man dann nicht Elektronen, die entweder von Atom- oder vom Ökoerzeuger stammen - aber mit seinem Geld hat man eine Entscheidungsmacht. In gewissem Sinne wird durch die Deregulierung die Gelddemokratie eingeführt.

Die Deregulierung des Strommarktes hat auch zu einer Überschwemmung mit Werbemitteln geführt. Man sollte sich als Verbraucher hinsetzen und diese genau studieren, man hat fast soviel Entscheidungsmacht wie bei einer politischen Wahl. Außerdem ist das eine sehr ehrliche Wahl, seine Stimme abzugeben kostet einen keinen Cent, für seine Überzeugung 10 Euro mehr auszugeben ist dann schon eine andere Sache.